Kramsach - „Mit Schi im Schuss – dann war Schluss.“ Knapper lässt sich ein Skiunfall nicht beschreiben. Mehr über das Ableben erfährt man in diesem Sprüchlein: „Hier in dieser Gruben liegen zwei Müllerbuben geboren am Chiemsee gestorben an Bauchweh.“ Bei so viel posthumer Freimütigkeit kann man nur schmunzeln. Offenbar hatte man früher einen etwas anderen Zugang zum Tod. Über 100 Grabkreuze mit solch kuriosen Inschriften findet man heute am Lustigen Friedhof in Kramsach. Begraben ist hier allerdings niemand. Die Kreuze stammen aus der Sammlung von Hans Guggenberger, der Steinmetzmeister und Sagzahnschmied. Der Kramsacher hatte in seinem Beruf viel mit der Grabgestaltung zu tun. Die schönsten und ungewöhnlichsten Kreuze bewahrte er vor dem Altmetall. Und so kam er bereits 1965 auf die Idee, die außerordentlichsten Kreuze in seinem Museumsfriedhof aufzustellen. Auf einem kleinen Waldstück neben der Kunstschmiede kann man die Kuriositäten vergangener Tage bestaunen. Heute ist der Friedhof ohne Tote das meistbesuchte Museum Tirols. Rund 150.000 Besucher pro Jahr kommen hier her, um über die Sprüchlein zu schmunzeln. Lachen ist ausdrücklich erwünscht, auch wenn einem so manches Lachen im Halse stecken bleibt.
„Hier liegt Martin Krug, der Kinder, Weib und Orgel schlug“ lautet eine weitere Inschrift. Guggenberger nennt solche Sprüche „die kürzesten Lebensläufe, die man sich vorstellen kann“. Gelegentlich wird auch die Art des Todes recht flott beschrieben – wie etwa bei diesem hier: „aufigstiegen – obagfalln. Hin gwösn'n“. Die Inschriften geben Einblicke in die Denkweise früherer Generationen. Man bekommt eine Vorstellung davon, die hart der Alltag in den Bergen war. Und entdeckt auch, dass man nicht so zimperlich mit den Verstorbenen umgegangen ist, wovon folgender Spruch aus dem Oberland zeugt: „Es liegt begraben die ehrsame Jungfrau Nothburg Nindl, gestorben ist sie im siebzehnten Jahr just als sie zu gebrauchen war“.
Bis ins späte 19. Jahrhundert gab es im Alpenraum den Brauch, mit teils derben, witzigen Sinnsprüchen an die Verstorbenen zu erinnern. Die historischen Kreuze in Kramsach stammen überwiegend aus Tirol. Aber auch aus anderen Teilen des Alpenraums, wie Südtirol, Salzburg und Bayern, hat Guggenberger wahre Raritäten zusammengetragen. Im Laufe der letzten 50 Jahre kamen so rund 900 Kreuze zusammen. Die meisten davon lagern in seinem Depot. Fünf Jahrhunderte alpenländischer Grabkultur gibt es hier zu sehen. Es ist die größte Grabkreuzsammlung Europas. Manches Mal gibt Guggenberger selbst Führungen durch den Lustigen Friedhof. Dann kann man erfahren, wie er zu den vielen Stücken gekommen ist, woher sie stammen und man erfährt über die Art, wie die einzelnen Kreuze gefertigt wurden. Bei freiem Eintritt - und das ist dem Sagzahnschmid wichtig - kann man sich auf die Reise in eine Zeit begeben, die dem Tod mit einer gewissen Heiterkeit begegnete.
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